Fachschaft Latein
Fachcurriculum Latein (Stand: November 2021)
Vorwort
"In der ganzen Welt geht nichts zugrunde, sondern es wandelt sich und erneuert sein Gesicht." Ov. Met. 15, 254-255
(Nec perit in toto quicquam ... mundo, sed variat faciemque novat.)
Mit diesen Worten versuchte der Dichter Ovid die vielen politischen und kulturellen Veränderungen, die er um das Jahr 0 herum erlebt hat, einzuordnen. Er erlebte unter Kaiser Augustus ein Wiederaufleben äußerst konservativer Haltungen, gleichzeitig aber auch eine radikale Abkehr von politischen Traditionen. Ovid selbst wurde vom Kaiser höchstpersönlich ins Exil verbannt. Nach Ovids Tod begann eine neue Religion sich in Europa immer weiter auszubreiten und veränderte die Gesellschaft über Jahrtausende: das Christentum.
Wandel bestimmt auch unsere Zeit: das Erwachen künstlicher Intelligenz, die Folgen des Klimawandels, globale Fluchtbewegungen, um nur einige Beispiele zu nennen.
Auf der Suche nach Lösungen für Probleme der Gegenwart suchen wir Rat in der Vergangenheit. Deshalb boomen Bücher, Dokumentationen und Video-Formate, die geschichtliche Vorbilder zitieren, um auf Probleme aufmerksam zu machen oder Wege aus einer Krise zu finden.
Die römische Kultur und ihr Erinnerungsschatz hat unser europäisches Geschichtsbewusstsein über zwei Jahrtausende geprägt. Dieser Schatz ist in der lateinischen Literatur erhalten und umspannt diverse Themenfelder: Von der Geschichtsschreibung über die Philosophie und die Naturwissenschaften bis hin zur Dichtkunst sowie dem Theater. Unter diesen literarischen Hinterlassenschaften finden sich Werke, die bis heute als Inspiration für unzählige moderne Interpretationen dienen – und sei es nur, um sich klar abzugrenzen und Kritik an überkommenen Denkweisen zu äußern.
Doch neben der Literatur finden wir heute auch Spuren tief verwurzelter Gedankenbilder in unserer Kultur: Antike Mythologie hat heute überall in den Medien ihren Platz: Jugendliche lieben Percy Jackson, den Sohn des Meeresgottes Poseidon; Martialische Filme wie "Troja" mit Brad Pitt oder "300", der Kampf der Spartaner gegen die Perser, finden ein Millionenpublikum.
Man schwankt bei zwei unerträglichen Alternativen zwischen Skylla und Charybdis, zerschneidet bei unlösbaren Konflikten den Gordischen Knoten, stemmt herkulische Aufgaben, manches Kinderzimmer sieht aus wie ein Augias-Stall.
Multikulturell war Rom schon immer: Aeneas, der Stammvater der Römer, war alleinerziehender Vater und Mittelmeerflüchtling mit Migrationshintergrund. Romulus, der Gründer Roms, war ein jugendlicher Selfmademan mit hohem Aggressionspotential und Chef einer Siedlung von Asylsuchenden.
Die Menschen der Antike machten sich Gedanken über ihr Leben und ihren Platz in der Welt, die in ihrer Universalität zeitlos sind.
Lateinunterricht ist also nicht nur Sprachunterricht im Grundlagenfach zahlreicher moderner Fremdsprachen, sondern regt in der kritischen Auseinandersetzung mit den antiken Autoren zum Nachdenken über uns als Menschen und unsere Gesellschaft an.
Mit Hilfe dieser Überlegungen kann es gelingen, sich unabhängig von traditionellen Denkweisen eigenständig zu orientieren: „Welche Haltungen und Vorstellungen will ich aus früheren Zeiten übernehmen, und warum? Wovon will ich Abstand nehmen, was will ich neu erfinden? Und warum?"
Mit diesen Gedanken wäre auch der eingangs zitierte Ovid einverstanden gewesen. In seinem Werk schreibt er nämlich an anderer Stelle:
"Nichts was wir waren oder was wir sind, werden wir morgen sein." Ov. Met. 15, 215f
(Nec, quod fuimusve sumusve, cras erimus.)
I. Latein als 2. Fremdsprache am Johann-Rist-Gymnasium
Wir bieten Latein ab der 7. Klasse als zweite Fremdsprache nach Englisch an. Die entsprechenden Wahlen finden also in der sechsten Klassenstufe statt, und Schüler*innen wie Eltern werden im Vorfeld ausführlich informiert. Hier der Link zu einer entsprechenden Datei: Präsentation: Latein als 2. Fremdsprache.
Das Fach wird dann durchgängig mindestens bis zum Ende der Mittelstufe belegt, in nahezu allen Fällen auch noch bis zum Ende des Einführungsjahrgangs in der Oberstufe (Ende der Ej-Klasse).
In der Oberstufe kann Latein auch als Kernfach unterrichtet werden. Die mündliche oder schriftliche Abiturprüfung kann in Latein grundsätzlich abgelegt werden.
II. Anzahl der Wochenstunden
Sekundarstufe I:
Klasse | Wochenstunden |
7 | 1. Hj.: 6 / 2. Hj.: 4 |
8 | 4 |
9 | 3 |
10 | 3 |
Sekundarstufe II:
Klasse | Wochenstunden | |
Ej | KF und GK | 3 |
Q1 | KF | 4 |
GK | 3 | |
Q2 | KF | 4 |
GK | 3 |
III. Klassenarbeiten
Sekundarstufe I:
Klasse | Anzahl pro Schuljahr |
7 | 5 |
8 | 5 |
9 | 5 |
10 | 5 |
Sekundarstufe II:
Klasse | Wochenstunden | |
Ej | KF und GK | 4 ( je Hj. 2 ) |
Q1 | KF | 4 ( je Hj. 2 ) |
GK | 4 ( je Hj. 2 ) | |
Q2 | KF | 2 (nur im 1. Hj.)keine im 2. Hj. |
GK | 4 ( je Hj. 2 ) |
IV. Lehrwerke
In der Mittelstufe (Klasse 7 bis 10):
- „prima nova" (Verlag C.C. Buchner) Textband (enthält Lektionstexte mit grammatikalischen Einführungen und Übungen)
- „prima nova" Begleitband (enthält Vokabular und grammatikalische Tabellen und Regeln)
- „prima nova" Arbeitshefte (verschiedene Ausgaben mit fakultativem Übungsmaterial, wird in Absprache mit den Lehrkräften angeschafft)
- Weiteres Material wird von dem Verlag (und von anderen Verlagen) angeboten: die Lehrkräfte können je nach Bedarf Empfehlungen aussprechen
- Ab Klasse 10: Wörterbuch (zum Beispiel „Stowasser")
In der Oberstufe (Klasse Ej bis Q2)
- Die Auswahl der Textgrundlage hängt von den gesetzten Themen ab. In Q1 und Q2 können die Semesterthemen von den Vorgaben des Ministeriums abhängen.
- Wörterbuch (zum Beispiel „Stowasser)
V. Latinum als Abschluss
In unserer Schule kann man grundsätzlich alle drei Latina erwerben. Voraussetzung sind entsprechende Kenntnisse der lateinischen Sprache und Literatur. Diese entsprechen ungefähr folgenden Klassenstufen:
Abschlüsse und jeweilige Unterrichtsvoraussetzungen:
Kleines Latinum: | Lektüre beispielsweise von Nepos, in der 10. Klasse. |
Latinum: | Lektüre beispielsweise von Cicero (Reden) und Ovid, im Ej-Jahrgang. |
Großes Latinum: | Lektüre beispielsweise von Vergil (Aeneis) oder Tacitus (Annalen), in den zwei Qualifikationsjahren vor dem Abitur (Q1 und Q2-Klassen. |
Die genauen rechtlichen Vorschriften zum Erwerb der Latina finden Sie unterfolgendem Link: Latinum - Graecum (schulrecht-sh.com)https://www.schulrecht-sh.com/texte/l/latinum.htm.
Welches Latinum für bestimmte Studienfächer benötigt werden, richtet sich nach den Bestimmungen der jeweiligen Universität.
VI. Fachanforderungen
Sie finden die Fachanforderungen unter folgendem Link:
https://fachportal.lernnetz.de/sh/faecher/latein/fachanforderungen.html
oder oder können Sie nachfolgend direkt öffnen:
Fachanforderungen_Latein_Sekundarstufen_I_II.pdf
VII. Verankerung des Faches im Medienkonzept
Im Fach Latein wird die Arbeit mit den Textinhalten in verschiedenen Medien reflektiert. Schon im ersten Lernjahr (Klasse7) können folgende mediale Verarbeitungen eine Rolle spielen:
Analog:
-
In Lernplakaten werden Themenfelder aufbereitet, Zusammenhänge hergestellt und die Gestaltung von Präsentationsmaterial eingeübt.
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Textinhalte werden in Form kleiner Aufführungen umgestaltet. In diesen spielerischen Szenen reflektieren die Schüler*innen die Textinhalte und erproben eigene Gestaltungsspielräume. Sie erweitern ihr Selbstbild und ihr Selbstbewusstsein.
-
Tagebücher fiktiver oder historischer Persönlichkeiten können geschrieben werden. Das ermöglicht und trainiert Perspektivwechsel.
-
Komplexe Sachverhalte oder Vorstellungen werden als Graphik oder Bild visualisiert.
-
Die Übung mit Wörterbüchern verdeutlicht die Subjektivität in Übersetzungsvorgängen und trainiert das für Fremdsprachen typische Denken im Perspektivwechsel sowie im Kontext (agere = „tun, machen, Handel treiben, verhandeln"; ich muss also alles gleichzeitig denken).
Digital:
-
Die zuvor analog erprobten Formate werden im Verlauf der späteren Schuljahre immer häufiger auch in digitale Umgebungen übertragen: statt Tagebüchern zum Beispiel Blogs oder Vlogs.
-
Szenische Darstellungen können in Videoformate übertragen werden. Weitere Gestaltungsmöglichkeiten werden erprobt (Kameraperspektiven, Gestaltung einer Webseite zur Einbettung des Videos u.ä.).
-
Online bereits vorhandene Übersetzungen von Texten werden kritisch überprüft: So wird deutlich, welche Rolle Subjektivität sogar bei scheinbar „fehlerlosen" Übersetzungsinterpretationen spielt.
-
Die Schüler*innen vernetzen in Online-Formaten ihre Informationen untereinander (zum Beispiel in Padlets) oder erschaffen und strukturieren diese Formate sogar selbst.
-
Literarische Darstellungen in Spielfilmen oder Dokumentationen werden kritisch überprüft: Aus dieser Medienkritik können dann eigene, gegebenenfalls verbesserte Versionen oder kritisch kommentierte Versionen entstehen.
VIII. Links zum eigenständigen Lernen
Zwei Webseiten mit hervorragend aufbereiteten Lernvideos (Die Inhalte überschneiden sich zu großen Teilen, weil hinter beiden Webseiten eine Kooperation steht):
https://www.latein-unterrichten.de/videos/unterricht/
https://eg-schule.de/category/video/
IX. Fachvorsitz
Herr Naujoks (NA)
Hinweis: Diesen gesamten einleitenden Text können Sie auch unten im Downloadbereich herunterladen.
Downloadbereich:
1. Latein - Fachcurriculum - Vorwort und Übersicht